Laufzeiteffekte in relativ bewegten Systemen - Vorüberlegungen | |
Das ist nun das entscheidende Kapitel in dem wir den Sagnaceffekt etwas vollständiger beschreiben wollen, als das in der Literatur üblich ist. | |
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Wir werden jetzt endlich (!) eine widerspruchsfreie Erklärung für die Resultate des Michelson- und des Sagnacexperimentes erhalten. Wir werden die Frage beantworten können, welche Rolle die Signalgeschwindigkeit spielt, ob ein dezentraler Drehpunkt den Messeffekt beim Sagnacinterferometer verfälscht und vielleicht das Problem lösen, ob der Sagnac wirklich ein "reinrassiger" relativistischer Effekt ist ?
Zunächst müssen wir dazu etwas theoretische Vorarbeit leisten, - aber keine Angst - sie brauchen nicht mehr Mathematik als bisher, wir werden uns lediglich etwas genauer die Bewegungsrichtungen des Signals (z.B. Lichtwelle) und des Gesamtsystems (Interferometer) ansehen ! |
Wir hatten bislang immer angenommen, das die Bewegungsrichtung des Signals im jeweiligen Interferometerarm genau parallel, bzw. senkrecht, zur Bewegungsrichtung des Gesamtsystems verläuft, so wie hier im Michelsoninterferometer : | |
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![]() Laufzeiteffekt in einem Arm des Michelson-Interferometers |
Auch für das ringförmige Sagnacinterferometer hatten wir angenommen, dass der Drehpunkt exakt im Zentrum des ringförmigen Lichtleitsystems liegt, so dass die Bewegung des Lichleiters immer exakt parallel zur Bewegungserichtung der Lichtwelle verläuft: | |
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![]() Laufzeiteffekt im Sagnac-Interferometer in Drehrichtung |
Diese Spezialisierung auf eine bestimmte Konfiguration ist in der Literatur üblich, hat uns die Rechnung erleichert, aber vielleicht auch den Blick auf die eingangs formulierten Fragen verstellt die für die praktische Anwendung als Navigationssensor von großer Bedeutung sind. (Dezentraler Drehpunkt, Rolle der Signalgeschwindigkeit, u.s.w.) |
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Also los !
Wie wollen wir es angehen? |
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Die Grundidee ist die folgende: Wir berechnen die Laufzeit einer Lichtwelle z.B. in einer Glasfaser, während sich die Anordnung selbst in eine beliebige andere Richtung bewegt; z.B. so: | |
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Oder anders ausgedrückt: Wir berechnen die Signallaufzeit für ein Strecken-element ds' und integrieren anschliessend über den gesamten Laufweg. |
Uns interessiert dabei die Laufzeit des Signals sowohl für den für den Hin- als auch für den Rückweg !
Wir führen diese Rechnung zunächst nur für ein kleines Streckenelemente ds' durch. In einem späteren Schritt können wir diese Streckenelemente dann zu einem vollständigen Strahlverlauf zusammensetzen, - z.B. zu einem kreisförmigen wie beim Sagnacinterferometer. Aber für die Klärung einiger Grundsatzfragen wird das gar nicht nötig sein! |
Wir wollen die Situation 'mal etwas "mathematischer" darstellen:, damit wir anschliessend besser rechnen können.
Die Pfeile (Vektoren) in der folgenden Skizze zeigen die Wegstrecken die der Lichtwellenzug mit der Geschwindigkeit c' (rot) und das Interferometer mit der Geschwindigkeit v (schwarz) in der Zeit dt' zurücklegen: |
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Wir verwenden hier "gestrichene Größen" (z.B. ds', dt',...), um deutlich zu machen, daß wir uns auf einen außerhalb des Systems ruhenden Beobachter beziehen, denn nur für diese Situation ist eine Laufweg- bzw. Laufzeitbetrachtuzng möglich!
(Ein mit dem Messsystem mitbewegter Beobachter kann wegen des Relativitätsprinzips grundsätzlich keine gleichförmige Bewegung registrieren.) |
![]() ![]() Hinweg................................................................................ Rückweg |
Während die Lichtwelle das Wegstreckenelement ds' (rot) in der Zeit dt' durchläuft, wird das gesamte System (Interferometer) mit der Geschwindigkeit v um den Betrag vdt' (schwarz) verschoben. Der Winkel zwischen dem Wegstreckenelement und der äußeren Bewegungsrichtung ist ![]() Wir wollen nun für den Hinweg und den Rückweg die jeweiligen Signallaufzeiten berechnen, - zunächst für den "Hinweg" (linke Skizze oben). |
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Jetzt müssen wir etwas Trigonometrie bemühen - aber alles kein "Tiefsinn" !
Der COSINUSSATZ beschreibt die Beziehung zwischen den Seitenlängen und dem Cosinus eines Winkels in einem beliebigen Dreieck (s.u.) - z.B.: c2 = a2 + b2 - 2ab cos(gamma)
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Nach dem Cosinussatz ergibt sich für den "Hinweg" die resultierende Wegstrecke c'dt'hin
und für den "Rückweg": (Dabei wurde die Beziehung |
![]() Quelle: Wikipedia |
Diese Beziehungen werden wir nun dazu verwenden um die Signallaufzeiten für den Hinweg dt'hin und für den Rückweg dt'rück zu berechnen; dazu müssen wir die obigen quadratischen Gleichungen nur nach dt' hin/rück auflösen. Hier das Ergebnis:
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Damit sind wir eigentlich schon fertig !
Mit diesen Laufzeiten dt'hin/rück lassen sich nun die Effekte für das Michelson- und das Sagnac-Interferometer berechnen. Dazu ist folgendes zu bedenken: Beim Michelson-Interferometer läuft die Lichtwelle in jedem der beiden Interferometerarme hin und zurück. Die gesamte Laufzeit innerhalb eines Armes setzt sich also zusammen aus der Summe der Laufzeiten dt'hin und dt'rück: dt'Michelson = dt'hin + dt'rück |
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Beim Sagnac-Interferometer laufen die beiden Wellenzüge in entgegengesetzter Richtung durch das Ringinterferometer und der Messeffekt besteht in der Laufzeitdifferenz zwischen den beiden Wellenzügen:
dt'Sagnac = dt'hin - dt'rück |
Zum Vergleich mit den Ergebnissen aus den vorhergehenden Kapiteln sollten wir 'mal kurz den Lichtwellenzug parallel zur äußeren Geschwindigkeit v legen, d.h. ![]() und für den Michelsoneffekt: und das stimmt genau mit unseren früheren Ableitungen überein. Vergleichen Sie: |
So, - mit diesem Rezept können wir nun die Laufzeiteffekte in beiden Interferometern bestimmen:
und: |
Na gut, - das wußten wir ja alles schon!
Und vor allem - wir haben immer noch keine Idee warum wir für das Michelsoninterferometer zwar einen Laufzeiteffekt ausrechnen können, obwohl er tatsächlich garnicht vorhanden ist und warum das beim Sagnacinterferometer funktioniert ? Um das - und alle die anderen Fragen, die ich oben gestellt habe - klären zu können, müssen wir noch einen Schritt weitergehen und die Tatsache ins Spiel bringen, dass wir mit den Experimenten als ruhender Beobachter einen Effekt in einem - relativ zu unserer Position - bewegten System messen möchten. Wir haben uns bislang auf den Standpunkt der klassischen Physik gestellt und vorausgesetzt, dass Geschwindigkeiten, Strecken und Zeitintervalle im bewegten System genau die gleichen sind wie im ruhenden. Als Ergebnis haben wir die Widersprüche zwischen Realität und Theorie erhalten, von den hier schon mehrfach die Rede war. |
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Also nochmal von vorn ;-) | |
Wir blicken aus dem "Beobachtersystem" (mit gestrichenen Größen) auf ein relativ zu unserer Position mit der Geschwindigkeit v bewegtes Messystem (mit ungestrichenen Größen) in dem das Experiment abläuft. | |
Übrigens - niemand verbietet uns das Koordinatensystem so zu legen, dass unsere weiteren Rechnungen möglichst einfach werden; ich möchte deshalb die x-Achsen parallel zur Bewegungsrichtung v des Laufzeitexperimentes legen: |
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Bei dieser Anordnung muß nun nach Ansicht von Herrn Einstein zwischen dem bewegten (x,y,z) und dem ruhenden Koordinatensystem (x', y', z') eine relativistische Korrektur berücksichtigt werden: | |
Ich plane ein weiteres Kapitel zur speziellen Relativitätstheorie, wo ich versuchen werde Ihnen diese und ähnliche Transformationen plausibel (nicht "verständlich") zu machen; bis dahin müssen Sie mir einfach glauben, oder in der einschlägigen Literatur nachblättern! _____________________________ Achtung - bitte nicht verwechseln: bei c0 handelt es sich um dier Naturkonstante der Vakuumlicht-geschwindigkeit und nicht um die Signalgeschwindikeit c' bzw. c - obwohl die Signalgeschwindigkeit in einigen Fällen identisch mit c0 sein kann, müssen wir das streng unterscheiden |
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...alle anderen Koordinaten bleiben so wie sie sind.
D.h. das Streckenelement ds' transformiert sich so: |
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oder nach einigen Umformungen: | |
mit :
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Für die Beziehung zwischen dem Winkel ![]() ![]() |
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Wenn wir diese Ausdrücke für das Streckenelement ds' und ![]() |
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So, - fertig !
Was haben wir erreicht ? Wir sind jetzt in der Lage als ruhender Beobachter die Signallaufzeit in einem bewegten Messystem zu ermitteln! Keine Panik - wir werden in den nächsten Abschnitten den Ausdruck für die Signallaufzeiten dt'hin/rück durch Einführung von Spezialfällen ganz erheblich vereinfachen und folgendes beweisen: |
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- es gibt keinen Michelsoneffekt !
- die Signalgeschwindigkeit spielt für den Sagnaceffekt keine Rolle ! - gleichförmige Translationsbewegungen haben keinen Einfluss auf das Sagnac-Interferometer ! |
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